Sonntag, den 08.11.2015
Bereits gestern Nachmittag fing es zu regnen an und der Wind frischte kräftig auf. Das Laub, welches gestern noch bunt und flatterig an den Bäumen hing, liegt nun nass und matschig am Boden oder wird von den Wellen am Strand hin und her geschaukelt. Letzte Nacht konnte ich zudem das Sternbild 'Orion' sehen. Sternenklar wölbte sich das Firmament über die Erde und ich stellte mir vor, dass sich der Käse in einer Käseglocke ähnlich vorkommen müsste. Ob ich wohl zu viele Medikamente bekomme? Nein, das kann eigentlich nicht sein, wurde ja lediglich die Dosierung etwas erhöht, aber kein neues Medikament zusätzlich verordnet. Ausserdem bestätigt mir die Schwester, die soeben das Frühstück über den Flur transportiert und auch eines für mich dabei hat, dass das Wetter letzte Nacht schon sehr abwechslungsreich gewesen sei. Ich sehe auf den kleinen und vollgestellten Tisch in meinem Zimmer, frage freundlich nach einer 2. Tasse Kaffee und kann mir die Frage nach einem 2. Tisch gerade nochmal verkneifen. Frühstücken findet heute wieder im Pyjama statt, schließlich ist Sonntag und zumindest ein Tag in der Woche muss etwas ruhiger gestaltet werden. Ruhiger schon, aber zumindest haben wir Internet Radio an. Ein Sender aus Kolumbien, nennt sich 'COLOMBIACROSSOVER' und spielt gute Laune Musik. Beim Essen kommt mir die Idee, dass meine Zimmergenossin und ich, die Betten doch so umstellen könnten, dass wir liegender Weise auf die sonnige Ostsee sehen würden. Die Idee findet zwar großen Anklang, wird aber von uns nicht in die Tat umgesetzt. Wie sieht es denn auch aus, wenn wir im Bewegungsprotokoll bestätigen, dass wir uns schlecht bewegen können und dann räumen wir hier die Möbel von A nach B ...
Mit einem Schmunzeln über's ganze Gesicht beenden wir unser Frühstück und geben uns der inneren Ruhe und Erholung hin.
Pünktlich um lange vor 12:00 steht das Mittagessen an und dieses findet sogar noch einen Platz in meinem Magen. Die Sonne scheint mir auf den Rücken, lächelt mich freundlich an und bittet mich förmlich darum, den Nachmittag mit ihr zusammen an der frischen Luft in Wassernähe zu verbringen. Kurz noch verdauen, dann rein in die Klamotten und los.
Die Sonne hat nicht zu viel versprochen, sie wärmt nicht nur meine dunkle Jacke von außen, sondern auch mein Gemüt von innen. Langsam schleiche ich in vom Krankenhaus fort, in der Hoffnung, dass mich niemand an der Kapuze ergreift und zurück in die sterilen Gemächer zerrt. Es dauert nicht lange, dann bin ich außer Reichweite und ich genieße diese kleine Freiheit, die mir im Moment doch so wichtig geworden ist. Nach einer knappen halben Stunde stellt sich mir eine Bank in den Weg und ich komme nicht drum herum, meinen Hintern auf ihr auszubreiten. Mit dem Gesicht zur Sonne gewendet, schließe ich meine Augen und beginne zu träumen. Die Luft und die Wellen erinnern mich an einen Urlaub auf meiner Trauminsel Gomera. Am liebsten würde ich mich jetzt dorthin beamen lassen. Diese Bank scheint aber nicht zum Beamen gedacht zu sein und somit befinde ich mich auch weiterhin in Deutschland an der Ostsee. Ich lasse meine Augen trotzdem noch eine Weile geschlossen, damit mein Traum nicht so abrupt beendet wird.
Stimmen wecken mich, noch bevor ich mit meinem Traum abgeschlossen habe. Ein älteres Pärchen kommt des Weges und sieht neidisch auf die von mir in Beschlag genommene Bank. Ich entschließe mich dazu, ihnen dieses Traumstück zu überlassen und schlendre in Richtung Wassersaum. Vor mir befindet sich ein klappriger Steg, der von mir gerade mal soweit beschritten wird, dass ich noch über dem trockenen Sand stehe. Mein Blick wandert nach unten und dabei entdecke ich etwas glitzerndes im Sand liegen. Ein kleines Stückchen weiter liegt noch so etwas, aber das ist kleiner als das zuerst entdeckte. Ich sehe also zurück zum ersten, denke aber, dass es eben noch anders da lag. Ich träume wohl doch noch ... Nein, scheinbar bewegen sich meine Funde und erwecken somit noch mehr meine unbändige Neugier. Ich hangle mich vom Steg herunter und schleiche zu den Fundstücken. So wie es aussieht, handelt es sich um 2 kleine Sandaale, die von den Wellen ans Ufer geschwemmt wurden. Oder heißen sie Sandaale, weil sie im Sand und nicht im Wasser leben ... hmmmm ...
Ich kann aber nicht anders und leiste sofort erste Hilfe, indem ich meine Hände befeuchte und die kleinen Fischlein zurück ins Wasser bringe. Kurz abwarten, ob sie sich erholen und währenddessen suche ich den Strand nach weiteren Opfern ab. Kaum drehe ich mich um, stürzt sich eine Möwe auf das größere Fischlein und fliegt mit ihm im Schnabel davon. Zeitgleich findet auch das 2. Fischlein einen Liebhaber und entschwindet auf nimmer Wiedersehen ... Das hab ich nun davon ... Traurig bleibe ich am Strand zurück. Aber vielleicht hätten sie es sowieso nicht geschafft und so wurde die Quälerei eventuell nur verkürzt. Ich denke mal, die Möwen haben nur auf so einen Deppen wie mich gewartet, damit sie die Fische nicht selber vom Sand befreien müssen.
Ich beende meinen Spaziergang kurz nachdem die Sonne hinter dem Horizont verschwunden ist und ein weiterer Tag neigt sich dem Ende.
309952