Mittwoch, den 11.11.2015
Es ist gerade mal 4:01, meine Nacht ist bald zu Ende und ich habe noch nicht eine Minute geschlafen. Obwohl ich hundemüde bin, gelingt es mir nicht, den inzwischen unerträglich gewordenen Geräuschpegel des Sauerstoffgerätes meiner Bettnachbarin auszublenden. Bereits gestern Abend kurz nach 22:00 frage ich die Nachtschwester, ob ich eine Schlaftablette bekommen könnte. Sie geht los, kommt kurze Zeit später aber nur mit Baldrian und der Aussage zurück, dass sie mir keine Schlaftablette geben dürfe, weil es vom Arzt nicht verordnet wurde und somit auch nichts dazu in meiner Akte steht. Dummerweise ist der Arzt auch gerade mal vor 2 Minuten in seinen verdienten Feierabend entschwunden. Ich nehme also die Baldrian Dragees an mich und zu mir, spüle sie energisch und voller Hoffnung mit einem Glas Wasser hinunter und warte auf die erwünschte Wirkung. Nix passiert, das Sauerstoffgerät zischt und brodelt in selber Lautstärke weiter vor sich hin. Weder mit gutem Zureden, Hüsteln oder lieblosem Nachtschrankgeklapper läßt sich dieses nervtötende Geräusch abstellen. So ganz langsam bin ich mit meinen Nerven am Ende und die Tränen lassen sich nicht mehr aufhalten. In mir steigt eine unbändige Wut auf, die meinen Blutdruck bestimmt auf 180 ansteigen läßt. Am liebsten würde ich mein Bett nehmen und mit ihm in einer stillen Ecke irgendwo im Keller verschwinden. Nein, so eigentlich auch nicht. Viel lieber möchte ich nach Hause, möchte in mein eigenes Bett, unter meine eigene Decke, meine eigenen 4 Wände um mich spüren und noch viel lieber gesund sein ...
Mein Schlafanzug ist inzwischen auf der Brust schon ganz nass geworden, weil mir die Tränen schon vom Kinn tropfen. Endlich wacht meine Zimmergenossin auf und sie fragt mich, ob ich nicht schlafen könne. Wohl kaum, ansonsten wäre ich ja nicht wach ...
Ich frage mich gerade, wie ich unter diesen Voraussetzungen beurteilen soll, wie die Medikamente wirken und ob die Dosierung nun besser ist als vor 2 Tagen. Ist es nicht gerade der Stress, der Parkinson Erkrankte zittern läßt? Ich kann doch nur sehen ob sich was bessert, wenn ich möglichst immer die selben Voraussetzungen habe. Die Vorstellung, dass ich erst die Hälfte der Zeit rum habe, jagt mir einen Schauer über den Rücken. Gleich ist es schon 5:00, das Sauerstoffgerät bläst weiterhin Luft durch jede Ritze und ich bin immer noch wach ...
Langsam wird es heller draußen und der Regen glänzt unfreundlich nass auf dem Dach des Nebengebäudes. Habe schon überlegt, ob ich mir gleich 3 Becher Kaffee bereitstellen lassen sollte, damit ich zumindest um 9:00 noch wach zur Craniosacral-Therapie komme. Wenn ich dann erstmal auf dem Behandlungstisch liege, ist es ja nicht mehr so dramatisch, wenn ich einschlafen würde. Doch, eigentlich schon, würde ich doch so gar nichts von der entspannenden Wirkung der Therapie mitbekommen ...
Gleich heißt es erstmal raus aus den Federn und eine Ladung Wasser ins Gesicht schaufeln. Dann die 4 Becher Kaffee runter- ... öööh ... 3? -schlucken und den Tag fröhlich und wohlgestimmt beginnen :-/
Inzwischen ist das Frühstück beendet, die Craniosacral-Therapie gelaufen, die Hälfte der Zeit von der Ergotherapie vorbei und die Chefarzt Visite durch. Ich muss das vom Chefarzt Gesagte nun erst einmal verdauen und bekomme darum von der zweiten Hälfte der Ergotherapie nicht mehr so sehr viel mit. Stattdessen kreist mir nun das Wort 'Hirnschrittmacher' im Kopf herum, noch zum Glück nur das Wort ... Ist ja nicht so, dass man morgens aufwacht und die Elektroden sind bereits im Gehirn verlegt. Aber ich solle mich mit dieser Option einfach schonmal auseinandersetzen und überlegen, ob sie für mich in den kommenden ? Jahren in Frage kommen würde. Gibt allerdings auch da die Gefahr irgendwelcher Nebenwirkungen, wie bei Medikamenten schließlich auch. Heißt ja nicht umsonst "Für Risiken und Nebenwirkungen ist die Packungsbeilage verantwortlich" ... oder so ...
Anschließend werden mir die Füße massiert und ein Termin für 13:00 zum psychologischen Test vereinbart, den ich doch gestern bereits wegen Abwesenheit nicht wahrnehmen konnte.
Jetzt sitze ich hier und stiere auf meine geschriebenen Worte. Gleich kommt das Mittagessen und ich hoffe, dass es keine Buchstabensuppe gibt ...
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