Montag, den 09.11.2015
Und wieder eine Nacht fast ohne Schlaf verbracht, dafür war sie aber mit Rückenschmerzen gespickt, die ich Zuhause in dieser ausgeprägten Form nicht aufweise. Die Visite erscheint pünktlich um 9:30, nachdem das Frühstück in mir verschwunden ist und jetzt eigentlich der Termin für die Ergotherapie ansteht. Bei der Visite kommt das Gespräch wieder auf das Bauchaortenaneurysma und nach Aussage der hiesigen Gefäßspezialisten, sei eine Mobilisation ohne weiteres möglich. Die Stationsärztin scheint leicht verärgert über diese Aussage und erklärt, dass es nicht um die Mobilisation als solches geht, laufen und bewegen kann ich mich ja schließlich, sondern um sportliche Aktivitäten wie Dehnungsübungen und leichtes Kraft- und Ausdauertraining, die ein Parkinson Patient betreiben soll, um möglichst noch lange beweglich und mobil zu bleiben. Also wird notiert, dass nochmals nachgefragt werden soll. Auch wird angeordnet, dass ein Neuro-Sono der Halsgefäße gemacht wird, um die leichte Knickstenose links im Hals besser beurteilen zu können. Auch wird das Medikament Stalevo ein weiteres Mal erhöht, um zu sehen, ob und wenn ja, was noch bei mir möglich ist. Es sei zwar nicht schön, in meinem Alter bereits so hoch mit L-Dopa zu dosieren, aber man möchte doch erreichen, dass ich möglichst wenig Einschränkungen habe. Nun gut. Zwischenzeitlich steht auch die Ergotherapeutin in der Tür und ich darf in den kommenden 30 Minuten unterschiedliche Gegenstände blind in einem Beutel ertasten, die mir vorher zur Probe bereits auf die selbe Hand gelegt wurden. So kann man also auch feststellen, ob die Finger und Hände noch in der Lage sind, Dinge wieder zu erkennen, die man nicht sehen, sondern nur betasten kann. Ich habe demnach keine Sensibilitätsstörungen, weil ich problemlos zu jedem Muster das passende Gegenstück aus dem Beutel zaubere. Egal, ob nun mit Gardinenringen, mit Backpulverbeutelchen oder mit Reis gefüllte Säckchen gewünscht sind. Wenn das alles nicht so traurig wäre, könnte ich mich richtig darüber amüsieren. Das mache ich jetzt einfach auch so ... kicher ...
Noch bevor die Sitzung mit Handmassagen beendet wird, steht die Physiotherapeutin im Zimmer und erwünscht meine Anwesenheit am Fahrstuhl zur Intensiven, sobald ich meine Hände wieder frei habe. Also dann mal los!
Heute gibt es ein wenig Entspannung für den Rücken. Keine sportlichen Betätigungen, sondern nur warme Hände. Schön so. Aber trotzdem arbeitet meine Rückenmuskulatur vor sich hin, ohne dass ich sie dazu auffordere. Ich schlendere danach zurück auf mein Zimmer, habe gerade noch Zeit mich auf das Mittagessen zu freuen und da steht es dann auch schon vor mir.
Ich kämpfe förmlich, nur mit einer Gabel bewaffnet, um die Spaghetti Bolognese möglichst kleckerfrei in mich hinein zu befördern. Geschafft, die Soße hat keine Flecken auf mir hinterlassen. Eine Schwester kommt ins Zimmer und erklärt mir, dass heute noch das Neuro-Sono gemacht werden soll und man mich dann runter bitten wird, wenn es soweit ist. Na gut, ist ja auch erst 13:15 und der Tag ja noch lang. Kaum 5 Minuten später steht Besuch für mich in der Tür. Ich freue mich natürlich auf meinen Besuch, ein Freund aus Kiel, der hier in der Nähe zu tun hatte und somit einfach mal vorbei gekommen ist. Das Dumme ist nur, ich werde zum Sono gerufen also bin ich auch schon wieder weg. Mein Besuch wartet derweil in der Cafeteria auf mich und ich habe ihn 40 Minuten später gar nicht danach gefragt, wieviele Kaffee er schon zu sich genommen hätte. Das Neuro-Sono ergab, dass meine Neurologin in Hamburg recht hatte und sich eine Knickstenose in der linken Halsschlagader befindet. Der Oberarzt durfte sich das Ganze auch noch einmal ansehen und man einigte sich darauf, dass man zwar nicht wüsste wo das nun herkommt, aber dass es nicht operativ behandelt werden muss, zumindest noch nicht. Wieder zurück auf dem Zimmer, wird mein Besuch auch schon wieder nach draußen verwiesen, denn jetzt steht erstmal eine Massage an. Tut mir irgendwie richtig Leid für ihn. Aber er läßt sich nicht einschüchtern und wartet erneut auf mich. Wir gehen zusammen noch kurz in die Cafeteria, die er inzwischen wohl schon in- und auswendig kennt und ich lade ihn zu einem Kaffee, bzw. Cappuccino ein.
Die Zeit drängt aber schon wieder, denn in 30 Minuten muss ich zum autogenen Training. Kurz den Besuch vor die Tür gesetzt, anders kann ich das nicht nennen, hetze ich nach oben, um sogleich mit dem Fahrstuhl wieder nach unten in den Keller zu fahren. Dort befindet sich der Ruheraum und die Psychologin, die dieses Training durchführt. Eine Stunde später bin ich genauso wenig entspannt, wie vorher. Ob das am Kaffee liegt? Ich kann mir auf jeden Fall nicht vorstellen, dass es an den ganzen Gedanken liegt, die mir pausenlos durch den Kopf gehen, noch daran, dass ich pausenlos beschäftigt werde.
Apropos pausenlos ... Das Abendbrot steht fast schon auf dem Tisch ...
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