Freitag, den 13.11.2015
Letzte Nacht schlafe ich überwiegend gut und bin nur selten wach. Dafür quälen mich nun wieder starke Rückenschmerzen, die in den letzten Tagen zum Glück nicht so extrem ausgeprägt waren. Es ist bereits 7:20 und ich vermisse in meiner Erinnerung das Wecken um 6:00. Ich sehe auf meinen Nachtschrank und finde keinen Anhaltspunkt dafür, dass schon irgendjemand hier war und mir meine Tabletten gebracht hat. Kein leeres Becherchen, das auf die Einnahme der Madopar LT schließen läßt und auch keine Tagesration, die ab 7:00 fällig wird. Nichts ...
Ich befreie mich aus meiner rundum misslichen Lage und quäle mich in Richtung Flur. Bis ich an der Tür ankomme, sind bei meinem Tempo die Schwestern wohl schon entschwunden, die im Moment noch deutlich im Flur zu hören sind. Doch nicht. Brav frage ich nach, ob ich vergessen wurde, oder ob sich bei mir im Zuge der Medikamentenänderung auch andere Einnahmezeiten ergeben hätten. Ein kritischer Blick auf den Medikamentenplan bestätigt meine erste Frage. Ich wurde vergessen ... Auf dem Plan bin ich zwar für um 6:00 mit einer Madopar LT eingetragen, aber es befindet sich kein Becherchen mit passendem Inhalt auf dem Tablett. Dafür aber die Tagesration, von der die erste Einnahme ja nun auch schon fast eine halbe Stunde über dem geplanten Termin liegt. Die Schwester kann sich das auch nicht erklären, vermutet aber, dass Freitag der 13. daran Schuld sei. Mit diesem Namen hab ich hier zwar noch niemanden gesehen, denke aber auch, dass es ein Neuer sein muss, der sich hier noch nicht so gut zurechtfindet. Andererseits frage ich mich gerade, ob meine Tablette womöglich einen anderen Abnehmer gefunden hat ... hmmmmm ...
Ich nehme gleich erstmal brav meine beiden Pillen ein, die sich bereits ganz nervös in der Schachtel hin und her wiegen.
Nur langsam scheint sich die gewohnte Bewegung in meinen Körper zu schleichen und somit fällt mir das Duschen heute morgen auch etwas schwerer als gewohnt. Das Frühstück hingegen verschwindet in gewohnter Weise in mir und läßt mich etwas ruhiger werden. Meine Logopädin fordert mich heute mit Bildergeschichten, die ich selbsttätig aus mehreren Kärtchen fortlaufend zusammen setzen muss, so dass damit der richtige Ablauf der Geschichte zum Vorschein kommt.
Frei nach dem Motto:"Wie bastle ich mir einen Comic?"
Anschließend soll ich die Geschichte mit eigenen Worten kurz zusammenfassen. Das scheint mir recht gut zu gelingen, liegt es wohl auch daran, dass ich schon als Kind sehr lebhaft in meinen Comicheften verschwand. Jetzt verschwindet aber erst einmal die Logopädin und macht den Platz, für die bei mir anstehende Fußmassage frei. Ich kann mich also wieder auf mein Bett legen, während der Massage einfach nur entspannen und im Kopf noch einmal die Bildergeschichten Revue passieren lassen. Ob man mir wohl ansehen kann, dass sich meine Mundwinkel dabei verselbständigen und ein unkontrolliertes Grinsen herbeizaubern? Das liegt allerdings nicht an den Geschichten oder weil ich nicht kitzelig an den Füßen bin, sondern einfach daran, dass die Muskeln im Gesicht auch ohne Aufforderung arbeiten. Das kann sehr gut an der Dosierung, bzw. Unterdosierung des
L-Dopa liegen, aber auch durch neu hinzugekommene Medikamente ausgelöst werden. Ist mir im Moment aber auch nicht so wichtig, schließlich will ich ja die Fußmassage genießen. Kaum hab ich meine scheinbar neuen Füße wieder mit Socken bekleidet, kommt die Visite durch die Tür gestolpert. Wie es mir ginge, lautet die von mir bereits erwartete Frage. Ich erzähle von meinem gestrigen Dusel, dem Fangen spielen mit den Reiskörnern und dass ich das auch alles aufgeschrieben habe. Das Dumme daran sei aber nun, dass man es auf Grund der abgelegten Feinmotorik gar nicht lesen kann. Ich erkläre auch von meinem Grinsen, welches sich ab und an ungefragt auf meinem Gesicht ausbreitet und von den starken Schmerzen, die sich letzte Nacht wohl erst in meinem Bett und dann letztendlich auch in meinem Rücken ausgebreitet haben. Ein kurzes "Ümpf" dringt aus dem Mund der Stationsärztin und sie ordnet das Absetzen des Amantadin an. Übers Wochenende beobachtet man nun, ob diese Symptome mit der Gabe von 4 x 125 mg Stalevo rückläufig sind und wenn ja, wird ab Montag wieder auf 4 x 150 mg Stalevo hochgefahren. Sollten die Schmerzen dann noch weniger, die Beweglichkeit noch weiter gebessert sein und die abgelegte Feinmotorik wieder in gewohntem Maß zu mir zurückfinden, kann man wohl davon ausgehen, dass die Schmerzen zumindest teilweise vom Parkinson kommen und ein weiteres Medikakament in meine "NO GO Liste" aufgenommen wird.
Irgendwie läuft die Zeit heute schneller als sonst. Gerade eben noch den Kaffee beim Frühstück getrunken, stopfe ich mir nun den Nachtisch vom Mittagessen in den Hals. Rote Grütze mit Sahne, das geht also auch ohne Fangen zu spielen. Allerdings bekomme ich von der recht sauren Grütze einen lustigen Gesichtsausdruck verpasst, vor allem um die Mundwinkel ...
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